Bild arabische Sprache

Wie jede Sprache, hat auch das Arabische seine Eigenheiten und Herausforderungen, die das Erlernen und Übersetzen beeinflussen. Ein Überblick über die wichtigsten Merkmale

Die Arabische Schrift

Für Außenstehende das auffälligste Merkmal ist die arabischen Schrift. Das arabische Alphabet besteht aus Buchstaben, die meist miteinander verbunden werden. Dabei kann ein Buchstabe am Anfang, in der Mitte oder am Ende eines Wortes unterschiedlich aussehen. Beispiel: Das “م” (mim) in “مدرسة” (madrasa) sieht anders aus als das “م” (mim) in “كتم” (katama). Wer tiefer in die Schrift eintaucht, stellt fest, dass es sich dabei um eine überwiegend aus Konsonanten bestehende Schrift handelt und einige wichtige Vokale gar nicht geschrieben, sondern beim Lesen “mitgedacht” werden müssen. Wer die Schrift lernen will, muss also gleichzeitig die Grammatik erlernen, um arabische Texte richtig lesen und aussprechen zu können.

Geografie und Dialekte

Der arabische Sprachraum ist polyzentrisch und erstreckt sich über mehr als 22 Staaten und Regionen vom Indischen Ozean bis zum Persischen Golf. Gemeinsam ist diesem großen geographischen Gebiet die schriftliche Hochsprache, das moderne Hocharabische. Doch selbst innerhalb der gemeinsamen Schrift- und Hochsprache gibt es unterschiedliche Sprachgebräuche. Dies zeigt sich zum Beispiel in den Bezeichnungen für staatliche Institutionen und in der Rechts- und Verwaltungssprache.

Hinzu kommen die arabischen Dialekte, die sich von Region zu Region, aber auch innerhalb eines Landes zwischen verschiedenen Städten oder zwischen Stadt und Land zum Teil erheblich unterscheiden. Die arabischen Dialekte werden im informellen Sprachgebrauch verwendet, d.h. vor allem mündlich oder z.B. in sozialen Medien und Messaging-Diensten. Dieses Nebeneinander von Dialekt und Hochsprache wird als Diglossie bezeichnet.

Polysemie und Mehrdeutigkeit

Aufgrund der genannten Eigenheiten der arabischen Schrift können sich aus dem Schriftbild oft unterschiedliche Lesarten und damit Bedeutungsvarianten eines Wortes oder Satzes ergeben. Beispielsweise kann das Wort mit der Konsonantenwurzel „q-d-m“ (قدم ) in neun verschiedenen Varianten gelesen werden. „qadama“, „qaddama“, „quddima“, „qudima“, „qadam“, „qadm“, „qidm“, „qidam“, „qudum“. Was im unvokalisierten Schriftbild gleich aussieht, kann je nach gewählter Lesart eine oder mehrere unterschiedliche Bedeutungen haben, die sich ofterst aus dem Kontext erschließen. Zusätzlich können in Form von Präfixen Konjunktionen oder Präpositionen an die Wörter angehängt werden und durch entsprechende Vokalisierung flektierte Wortformen entstehen.

Erschwerend kommt hinzu, dass arabische Wörter selbst schon mehrdeutig sein können, ein Phänomen, das man als Polysemie bezeichnet und das in der arabischen Sprache besonders ausgeprägt ist. So listet das “Arabische Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart” von Hans Wehr für das Wort „عين“ unter anderem folgende mögliche Bedeutungen auf: „Auge, böser Blick, Quelle, Späher, Loch, Masche, Auswahl, bedeutender Mann“. Nicht selten kommen verschiedene Lesemöglichkeiten und Mehrdeutigkeit zusammen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn dem oben genannten Wort ein Präfix vorangestellt wird. In der nicht vokalisierten Schrift steht dann „m-q-d-m“ (مقدم). Das Wort kann in vier Varianten gelesen werden: Variante eins („maqdam“) hat lediglich die Bedeutung „Ankunft“, Variante zwei („muqdim“) ist das Aktivpartizip von „etwas in Angriff nehmen“, Variante drei („muqaddim“) kann einen „Anbieter“, einen „Geber“, einen „Antragsteller“ oder auch einen „Moderator“ oder „Vortragenden“ bezeichnen. Die vierte Variante („muqaddam“) schließlich bezeichnet als Substantiv allgemein einen „vorderen Teil“, bei einem Schiff den „Bug“, bei einem Flugzeug die „Kanzel“, in der Mathematik das „erste Glied einer Proportion“, beim Militär einen „Oberstleutnant“ oder in manchen Ländern einen „Major“, in Tunesien den amtlich bestellten Vormund, in marokkanischen Kommunalverwaltungen eine Art „Ortsvorsteher“ oder hat adjektivische Bedeutungen wie „vorgelegt“, „eingebracht“, „angeboten“, „vorangestellt“, „präsentiert“ oder „demonstriert“.

Daher gibt es im Arabischen zahlreiche Homographe: Wörter, die im Schriftbild gleich aussehen, in Aussprache oder Bedeutung aber sehr unterschiedlich sein können. Unter anderem aus diesem Grund ist Texterkennungssoftware (OCR) für Arabisch noch sehr fehleranfällig und auch die maschinelle Übersetzung mit künstlicher Intelligenz nicht so weit fortgeschritten wie in anderen Sprachen.

Morphologie, Grammatik und Syntax

Das Arabische ist wie auch das Deutsche eine flektierende Sprache. Dies zeigt sich beispielsweise in den zehn sogenannten Verbalstämmen. Dabei wird eine Wurzel, die aus drei Konsonanten (Radikalen) besteht, durch das Einfügung von Vokalen verändert. Hinzu kommen Suffixe, Infixe und Präfixe, die Bedeutungsvarianten ausdrücken, Konjugationen ermöglichen oder Personalpronomen ergänzen.

Ein Beispiel: Man kann einen ganzen deutschen Satz in einem einzigen arabischen Wort ausdrücken: وسنكتبه lässt sich mit „und wir werden es schreiben“ übersetzen. Das flektierte Verb wird mit zwei Präfixen und einem Suffix versehen. Mit dem ersten Präfix wird die Konjunktion „und“ markiert und mit dem zweiten das Futur ausgedrückt. Das Suffix schließlich markiert das Objekt „es“. Gleichzeitig wird im Arabischen das Personalpronomen „wir“ weggelassen und muss bei einer Übersetzung aus der entsprechend flektierten Verbform abgeleitet werden.

Grammatikalische Besonderheiten gibt es im Arabischen z. B. beim Numerus. Denn neben Singular und Plural existiert auch ein Dual, eine Form für zwei Personen oder Gegenstände. Dazu kommt, dass bei Verben der feminine Plural in der zweiten und dritten Person gebildet werden kann. Dies alles führt zu komplexen morphologischen Strukturen und erhöht z.B. für ein NMÜ-System die mathematisch denkbaren Varianten und Interpretationsmöglichkeiten.

Die arabische Syntax zeichnet sich durch eine große Freiheit bei der Wortstellung aus. Ein arabischer Satz kann mit dem Verb beginnen, es können aber auch Subjekt oder Objekt am Satzanfang stehen, wodurch zahlreiche Varianten ein und desselben Satzes möglich sind. Dazu kommt eine Tendenz zu sehr langen Sätzen und Absetzen, die beispielsweise bei der Übersetzung ins Deutsche oft unterteilt werden müssen. Insbesondere in juristischen Texten (z. B. Gerichtsurteile) kann sich ein einziger Satz über mehrere Seiten erstrecken. Dazu kommt, dass Satzzeichen oft äußerst sparsam eingesetzt werden und es wenig Regeln für die Interpunktion ergibt.

Arabischer Wortschatz

Schätzungen zufolge umfasst der arabische Wortschatz einschließlich des Klassisch-Arabischen über 12 Millionen Wörter. Arabische Wörter folgen dabei wie in anderen semitischen Sprachen einer Wurzel-Struktur, die aus drei Konsonanten besteht (siehe oben). Im Laufe der Jahrhunderte wurden dann Lehnwörter aus dem Persischen, Griechischen, Lateinischen und zuletzt aus dem Englischen und Französischen integriert.

In spezialisierten Bereichen wie Medizin, Recht, Technologie und Wissenschaften gibt es oft keine direkten arabischen Entsprechungen für moderne Begriffe. Neue Wörter werden daher oft durch die Anpassung von Lehnwörtern oder die Bildung neuer Ausdrücke geschaffen. Beispiel: “فيروس” (Virus) im medizinischen Kontext. Da es keine vereinheitlichende Instanz gibt, haben sich auch keine einheitlichen Fachsprachen in den unterschiedlichen Fachgebieten herausgebildet. Für manche Bereiche gibt es gar keine länderübergreifende Fachsprache, da z. B. in der Medizin häufig in Fremdsprachen geforscht, geschrieben und publiziert wird. Dafür gibt es zahlreiche Übersetzungen von Fachtexten ins Arabische, mit einer Vielzahl unterschiedlicher Terminologien.

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