Das Alif ist der erste Buchstabe im arabischen Alphabet. Wenn du Arabisch lernst, ist das wahrscheinlich der erste Buchstabe, der dir begegnet. Den Buchstaben zu schreiben und zu lesen, ist nicht weiter kompliziert: Normalerweise sieht es einfach wie ein vertikaler Strich aus. Es gibt aber Ausnahmen, auf die ich unten eingehe. Übrigens gibt es im Türkischen den weiblichen Namen „Elif“, der sich vom arabischen Alif ableitet und dem die Bedeutung „schlank“ zugeschrieben wird. Vielleicht eine gute Eselsbrücke für den Einstieg ins arabische Alphabet.
Die Aussprache und die Verwendung des Alifs ist ein wenig komplizierte. In meinen eigenen Arabischkursen führe ich daher zunächst andere, einfachere Buchstaben ein und bespreche das Alif später. Grundsätzlich kann man aber sagen: Das Alif tritt entweder als langer Vokal oder als sogenannter Hamza-Träger in Erscheinung.
Alif als Vokal
Die Verwendung als langer Vokal ist leicht zu verstehen. Im Arabischen gibt es drei lange Vokale: „a“, „i“ und „u“. Das Alif kennzeichnet die Vokallängung des „a“ (in der sogenannten DMG-Umschrift auch „ā“ geschrieben). Beispiel: die zweite Silbe im arabischen Wort für Buch: kitāb (كتاب). In dieser Form tritt das Alif meistens im Wortinneren in Erscheinung. Was Sprachlernende am Anfang etwas verwirrt: in der gesprochenen Sprache und noch mehr in den Dialekten bekommt das lange „a“ oft eine etwas andere Färbung und klingt ähnlich einem deutschen „ä“.
Am Wortende markiert das Alif häufig auch die Akkusativendung bei indeterminierten Nomina und wird mit der sogenannten Nunation „an“ gesprochen. Zum Beispiel im Wort „Danke“ (شكرًا).
Das stumme Alif und das kleine Alif
Es gibt bestimmte arabische Wörter oder grammatikalische Formen, in denen das Alif „stumm“ bleibt. Das heißt, der Buchstabe wird zwar geschrieben, aber nicht gesprochen. Beispiele sind „Hundert“ (مائة) oder in der Verbkonjugation die dritte Person Plural mit der Endung auf ein langes „u“ (وا). Im letztgenannten Beispiel erfüllt das stumme Alif eine wichtige morphologische Funktion und sorgt dafür, dass keine Verwechslung mit anderen Wortformen auftritt.
Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, also Wörter, in denen ein langes „a“ gesprochen, aber kein Alif geschrieben wird. Hier spricht man vom sogenannten „kleinen Alif“, da dieses Alif bei Schreibung mit Vokalisierung durch ein Hilfszeichen in Form eines kleinen Alifs über dem Buchstaben gekennzeichnet werden kann. Häufige Beispiele sind die Wörter „dieser“ (هذا), „der Barmherzige“ (الرحمن) oder „Gott“ (الله).
Alif maqsura (ى) und Alif in Ligatur mit „Lam“ (لا)
Es gibt zwei Formen des Alifs, in denen es nicht als vertikaler Strich erkennbar ist. Die erste ist das sogenannte „Alif maqsura“, das ähnlich dem arabischen Buchstaben „ya“ (ي) geschrieben wird, in Unterschied zu diesem aber ohne Punkte auskommt. Das Alif maqsura findet man in bestimmten Wörtern am Wortende und es tritt ausschließlich in der Funktion als langer Vokal „a“ auf. Ein Beispiel ist das Verb „werfen“ (رمى). Folgt auf das Alif maqsura ein Suffix, kann es sich in ein reguläres (Vertikales) Alif verwandeln.
Die zweite Sonderform des Alif tritt im Schriftbild in Erscheinung, wenn es auf den Buchstaben „Lam“ folgt. Dann neigt sich der sonst vertikale Strich nach Links und geht eine Ligatur mit dem vorangestellten „l“ ein. Zum Beispiel im arabischen „nein“ (لا). Diese Ligatur tritt sowohl für das Alif als langer Vokal als auch in seiner Funktion als Hamza-Träger auf.
Alif als Hamza-Träger (أ)
Die zweite wichtige Funktion des Alif ist die als sogenannter „Hamza-Träger“, d.h. es ist Trägerbuchstabe für den Verschlusslaut „Hamza“. Das Hamza auf dem Alif kann mit den kurzen Vokalen „a“, „i“, oder „u“ vokalisiert werden. Zum Beispiel findet es sich am Anfang der Wörter „Islam“, „Ahmed“ oder „Umm“. Neben dem Alif können auch die Buchstaben Waw (ؤ) und Ya (ئ) das Hamza tragen. In einigen Fällen steht das Hamza auch ohne Träger (ء).
Die Regeln dafür, wann welcher Hamza-Träger zum Einsatz kommt, sind kompliziert. Selbst arabische Muttersprachler machen dabei manchmal Fehler. Daher empfehle ich in meinem Arabisch-Unterricht immer, sich zunächst beim Vokabeln lernen die korrekte Hamza-Schreibweise zum jeweiligen Wort mit einzuprägen und unterrichte die detaillierten Regeln erst später. Am Anfang gibt es schon genügend andere Herausforderungen für Arabischlernende.
Trennungs-Hamza und Verbindungs-Hamza
Wenn das Alif als Hamza-Träger fungiert, wird außerdem zwischen Trennungshamza (همزة قطع) und Verbindungs-Hamza (همزة وصل) unterschieden. Das Verbindungs-Hamza tritt sehr häufig auf, da zum Beispiel das Alif im arabischen Artikel „al“ ein Verbindungs-Hamzaträgt. Dieses Verbindungs-Hamza wird nur gesprochen, wenn das Wort isoliert oder am Satzanfang steht. Die Schwierigkeit für Sprachlernende besteht darin, dass das Verbindungshamza nicht im Schriftbild in Erscheinung tritt sondern, „mitgedacht“ werden muss.
Alif mit Madda
Wenn auf ein Alif mit Hamza ein langer Vokal „a“ folgen soll, wird aus dem Hamza das sogenannte „Madda“ (آ), eine geschwungene Linie über dem Alif, die kennzeichnet, dass das Hamza mit anschließendem langen „a“ gesprochen wird. Dies kommt beispielsweise in den Wörtern „Koran“ (قرآن) und „jetzt“ (الآن) vor.