Vokabeln zu lernen gehört zu jeder Sprache dazu – beim Arabischen bringt das allerdings eigene Hürden mit sich. Denn arabische Wörter klingen nicht nur fremd, sie sind auch anders gebaut. Was das Vokabellernen auf Arabisch besonders macht, welche Strategien sich für verschiedene Lerngruppen bewährt haben und wie Herkunftssprachler gezielt vorgehen können, erfährst du in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
- Vokabellernen ohne Vorkenntnisse
- Die ersten Schritte: Arabischvokabeln für Anfänger
- Selbstlernen für Fortgeschrittene
- Vokabellernen für Herkunftssprachler
- Hochsprache als Herausforderung
- Vokabellernstrategien für Herkunftssprachler
- Fazit: Wort für Wort den arabischen Wortschatz erarbeiten
Vokabellernen ohne Vorkenntnisse
Arabisch gehört zur Familie der semitischen Sprachen, was sich in Wortbildung, Phonetik und Semantik deutlich bemerkbar macht. Die Wurzelstruktur, bei der meist drei Konsonanten das Bedeutungszentrum bilden, ist für viele Lernende zunächst ungewohnt. Dazu kommt ein hoher Grad von Ambiguität und Polysemie. Ebenso führen fehlende Überschneidungen mit indogermanischen Sprachen dazu, dass sich arabische Vokabeln oft nicht intuitiv erschließen lassen. Trotzdem: Gerade diese Struktur birgt auch Vorteile, sobald man das Prinzip einmal verinnerlicht hat.
Die ersten Schritte: Arabischvokabeln für Anfänger
Arabisch-Anfänger ohne Vorkenntnisse stehen vor gleich mehreren Barrieren: Die Schrift ist neu, viele Laute sind ungewohnt, und die Bedeutungen der Wörter erschließen sich selten durch verwandte Begriffe. Bewährte Einstiegsmethoden für das Vokabellernen in allen Sprachen sind:
- visuelle Zuordnung (Bild-Wort-Karten)
- lautes Wiederholen und Nachsprechen (z. B. mit Audioaufnahmen oder Tandempartnern)
- Lernen in Kategorien: zuerst Alltagsvokabular, dann thematisch sortiert
- Lernen nach der Goldlist-Methode oder in Kontextsätzen
Generell können Tools wie Anki sehr hilfreich sein. Je nach Lerntyp hilft aber auch das klassische Aufschreiben auf physische Karteikarten und das Lernen z. B. auf einem Spaziergang. Mir persönlich fällt das Einprägen abseits vom Bildschirm oft leichter. Andere wiederum sind sehr gut im „sozialen“ Lernen und profitieren vom gegenseitigen Abfragen in einer Lerngruppe oder mit einem Lernpartner.
Meine Empfehlungen speziell für Arabisch:
Ich rate unbedingt dazu, sich möglichst schnell die arabischen Buchstaben anzueignen und die Hauptenergie am Anfang in Lesen und Schreiben zu investieren. Im Selbststudium geht das zum Beispiel mit dem Selbstlernkurs des LSI Bochum sehr gut. Sobald diese Hürde einmal gemeistert ist, kann man sich dem Ausbau des Wortschatzes zuwenden.
Wer die arabische Schrift kennt, kann sich allmählich mit dem arabischen Wurzelsystem vertraut machen, über das sich oft ganze „Wortfamilien“ leichter erschließen lassen.
Wörter im Kontext lernen: Nimm einen kleinen Übungstext aus einem Lehrbuch oder aus Video- oder Audio-Material für Arabischlernende. Präge dir die Wörter im Kontext ein, sprich einzelne Sequenzen nach oder lies einen Text laut vor.
Selbstlernen für Fortgeschrittene
Meine Erfahrung: Je weiter man kommt, desto einfacher wird es. Man erkennt immer mehr Zusammenhänge und kann Querverbindungen herstellen. Hintergrundwissen über grammatikalische Zusammenhänge (Wurzelsystem, Verbalstämme) tragen dazu bei, dass man neue Wörter und ihre Funktion viel schneller zuordnen kann. Man erkennt auf Anhieb Verben, Adjektive und bestimmte grammatikalische Formen auch ohne die Wortbedeutung zu wissen.
In dieser fortgeschrittenen Lernphase gelten die oben genannten Tipps zum Vokabellernen natürlich weiter. Je nach Lernziel kann man nun auch dazu übergehen, sich den lexikalischen Unterschieden zwischen Hocharabisch und einem oder mehreren arabischen Dialekten vertraut zu machen. Hier bestehen oft Ähnlichkeiten. Dazu kann es auch helfen, aktiv schriftliche Texte zu produzieren oder das Gespräch mit arabischen Muttersprachlern zu suchen.
Weiter Fortgeschrittene können sich dann je nach Lernziel systematisch an die Erarbeitung eines Fachvokabulars machen, zum Beispiel im Bereich des Medienarabischen oder der juristischen oder medizinischen Fachsprache.
Vokabellernen für Herkunftssprachler
Sogenannte Herkunftssprachler – also Lernende, die in Deutschland aufgewachsen sind, aber mit einem arabischen Dialekt in der Familie sozialisiert wurden – bringen im Arabischunterricht ganz eigene Voraussetzungen mit. Viele verstehen und sprechen ihren Herkunftsdialekt fließend und haben dadurch ein gutes Gehör für arabische Aussprache oder bestimmte Redewendungen und kulturelle Nuancen. Dieses Vorwissen kann den Zugang zur Sprache einerseits erleichtern. Andererseits kann es eine Hürde sein, gerade weil vieles so ähnlich und vertraut zu sein scheint wie im Dialekt. Hier gibt es viele „falsche Freunde“.
Das Erlernen des modernen Hocharabischen stellt für Herkunftssprachler auch aus anderen Gründen eine Herausforderung dar: Die Schriftsprache wurde meist weder aktiv verwendet noch systematisch gelernt. Besonders das Lesen und Schreiben in arabischer Schrift fällt vielen schwer, und auch die grammatischen Strukturen und der formelle Wortschatz unterscheiden sich teilweise erheblich vom Alltagsdialekt. Diese Diskrepanz – mündlich weit voraus, schriftlich unsicher – sorgt nicht selten für Frustration und Demotivation im Unterricht, besonders wenn sich Herkunftssprecher im mündlichen Bereich unterfordert, im schriftlichen aber überfordert fühlen. Gleichzeitig fühlen sich Lernende ohne Vorkenntnisse durch das flüssige Sprechen der Herkunftssprecher bisweilen eingeschüchtert und unterlegen. In meinen Kursen hat es sich als sehr hilfreich erweisen, diese besondere Situation durch gezielte Übungen anzugehen, um beide Gruppen zu integrieren.
In Bezug auf das Vokabluar besteht die Herausforderung für Herkunftssprachler darin, dass Dialektwörter oft keine direkte Entsprechung im Hocharabischen haben oder in formellen Kontexten unüblich sind. Wörter wie „بس“ (bas, nur) müssen etwa bewusst durch „فقط“ (faqaṭ) ersetzt werden – solche Unterschiede müssen aktiv gelernt und verinnerlicht werden. Deutschsprachige Lernende fühlen sich durch das flüssige Sprechen der Herkunftssprecher eingeschüchtert, während diese sich im Gegenzug durch den Fokus auf Basisthemen unterfordert fühlen. Hier ist pädagogisches Fingerspitzengefühl gefragt, um beide Gruppen sinnvoll zu integrieren.
Vokabellernstrategien für Herkunftssprachler
Herkunftssprachler profitieren beim selbstständigen Vokabellernen sehr davon, ihre vertraute Alltagssprache systematisch mit dem Hocharabischen zu vergleichen. Ein dreispaltiges Vokabelheft (Dialekt – Hocharabisch – Deutsch) kann beispielsweise dabei helfen, implizites Wissen zu aktivieren und gezielt zu erweitern. So wird aus dem eigentlich „neuen“ Wortschatz ein Ausbau des bereits vorhandenen Repertoires. Besonders effektiv kann auch hier das Arbeiten mit Wurzeln und Wortfamilien sein.
Entscheidend ist, dass neue Wörter nicht nur gesammelt, sondern auch aktiv verwendet werden, etwa in eigenen Sätzen oder Zusammenfassungen. Eine sinnvolle Übung kann auch sein, Gespräche, die man sonst im Dialekt führen würde, auf Hocharabisch zu versuchen. So verankert sich der Wortschatz langfristig. Ein sogenanntes „aktives Vokabeljournal“ kann dabei helfen, schwierige Begriffe durch Beispiele, Eselsbrücken und Synonyme lebendig zu halten.
Fazit: Wort für Wort den arabischen Wortschatz erarbeiten
Wortschatzarbeit im Arabischen erfordert Geduld. Ob man bei null beginnt oder mit einem Dialekt ins Hocharabische hineinwächst: Wer die Strukturen einmal versteht und passende Lernroutinen etabliert, wird zunehmend sicherer. Entscheidend ist, dranzubleiben und die Wörter nicht isoliert, sondern im sprachlichen Zusammenhang zu lernen.
Ein Tipp zum Schluss: Noch mehr Lerntipps, Materialempfehlungen und Einblicke in die arabische Sprachwelt finden sich regelmäßig in meinem Newsletter „Falkenpost“.