Dattelpalme

Wie jede Sprache verfügt auch das Arabische über einen reichen Schatz an Sprichwörtern und Redewendungen. Einige davon sind international bekannt oder es gibt Entsprechungen in anderen Sprachen. Andere wiederum haben ihre eigene Geschichte. Vier Beispiele für arabische Sprichwörter.

Was man säht, das erntet man (من جد وجد ومن زرع حصد)

Wörtliche Übersetzung: „Wer sich anstrengt, wird finden und wer sät, wird ernten.“

Zu diesem arabischen Sprichwort gibt es folgende Geschichte: Ein König rief einst drei seiner Minister zu sich und gab ihnen je einen leeren Sack. Er forderte sie auf, loszugehen und den Sack mit Früchten zu füllen. Der erste Minister pflückte die erlesensten Früchte, denn er wollte nur das Beste für seinen König. Der zweite pflückte wahllos gute und verdorbene Früchte, weil er meinte, der König würde sie ohnehin nicht so genau prüfen. Der dritte schließlich machte sich gar nicht erst die Mühe, nach Früchten zu suchen. Er füllte den Sack mit Gras und Blättern. Am nächsten Tag ließ der König sie wieder zu sich rufen und jeden einzeln ins Gefängnis sperren. Dort mussten sie drei Monate lang ohne Besuch und nur mit ihrem Sack ausharren. Dem ersten Minister, der sich große Mühe gegeben hatte, ging es gut. Der zweite musste hungern, da sein Sack nur zum Teil gute Früchte enthielt. Der dritte aber starb vor Ablauf der drei Monate vor Hunger. Die Moral: Wer sich bemüht und anstrengt, wird belohnt.

Spatz auf der Hand Arabisch

Der Spatz auf der Hand … (عصفور في اليد خير من عشرة على الشجرة)

Wörtliche Übersetzung: “Ein Spatz in der Hand ist besser als zehn auf dem Baum.”

Wir kennen das deutsche Sprichwort: „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“. Im deutschen wie im arabischen Fall geht es um Genügsamkeit, darum, mit dem zufrieden zu sein, was man hat. In den arabischen Ländern gibt es dazu verschiedene Geschichten. In einer Geschichte hat ein Mann einen Vogel (Spatz) gefangen und kommt an einem Baum vorbei, auf dem noch viel mehr Vögel sitzen. Aus Gier lässt er den Vogel in seiner Hand frei und rennt zum Baum. Die Spatzen fliegen davon und der Mann steht mit leeren Händen da.

schlauer Esel arabisches Sprichwort

Durch Wiederholung wird der Esel schlau (كثرة التكرار تعلم الحمار)

Wörtliche Übersetzung: „Häufige Wiederholung lehrt den Esel.“

Dieses Sprichwort wird in einigen Quellen auf eine Geschichte aus dem Irak zurückgeführt, in der ein König eine Belohnung für denjenigen aussetzen lässt, der einem Esel das Lesen beibringt. Die Handlung erinnert ein wenig an die im deutschen Sprachraum bekannte Eulenspiegelgeschichte mit ähnlichem Inhalt.

Interessanterweise gibt es zwei unterschiedliche Interpretationen dieses bekannten arabischen Sprichworts. Die erste geht davon aus, dass Wiederholung etwas Positives und damit wichtig für den Lernerfolg ist. So könne man durch Wiederholung sogar einem Esel etwas beibringen. Ähnliche Sprichwörter finden sich auch im Deutschen („Übung macht den Meister“), Lateinischen (“Reptetitio est mater studiorum”) oder Russischen (“Повторение – мать учения”). Die zweite Deutung spielt darauf an, dass reine Wiederholung – im Sinne von stupider Nachahmung und bloßem Auswendiglernen – keine wirkliche Bildung und Weisheit hervorbringen kann und man somit „Esel“ bleibt, da eigenständiges Denken und Hinterfragen nicht gefördert werden. Für die Interpretation des Sprichworts ist sicherlich auch der Kontext wichtig, in dem es verwendet wird. Schließlich ist beim Erlernen von Sprachen oder beim Training körperlicher Fähigkeiten die Wiederholung ein wichtiger Bestandteil des Lernens, während es in anderen Bereichen keineswegs ausreicht, auswendig gelernte Lehrbuchinhalte zu reproduzieren.

Juhas Nagel

Juhas Nagel (مسمار جحا)

Neben Sprichwörtern ist die arabische Sprache auch reich an geflügelten Worten. Mit “Juhas Nagel” bezeichnet man einen fadenscheinigen Vorwand, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Dahinter steckt eine Juha-Geschichte. Juha ist eine beliebte arabische Narrenfigur, der viele Geschichten und Begebenheiten zugeschrieben werden – vielleicht vergleichbar mit einem Till Eulenspiegel. In dieser Geschichte war Juha gezwungen, sein Haus an einen Nachbarn zu verkaufen. Er tat es schweren Herzens und stellte schließlich eine einzige Bedingung für den Verkauf: Er wollte einen Nagel, der im Haus verbaut war, weiterhin sein Eigentum nennen dürfen. Der Nachbar willigte ohne zu zögern ein, hatte aber wohl die Folgen nicht bedacht. Denn schon am nächsten Tag verlangte Juha Einlass in sein altes Haus, um nach dem Nagel zu sehen. Am nächsten Abend kam er wieder und blieb gleich über Nacht, um diese unter seinem Nagel zu verbringen. Das ging so lange, bis es dem Käufer zu bunt wurde und er Juha sein altes Haus wieder ganz überließ.

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